Haushaltsrede der SPD-Fraktionsvorsitzenden Sabine Roth

Veröffentlicht am 16.12.2015 in Kommunalpolitik

Sabine Roth

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister Makurath,
sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,
Sehr  geehrte Damen und Herren!

1 Million in Deutschland. 500 für Ditzingen. Zwei Zahlen, die kaum genannt, schon wieder überholt sind. Flüchtlinge, vor kurzem erst zum Wort des Jahres gekürt, bleiben das alles überlagernde Thema dieser Tage. Lange Zeit war uns das Chaos in ihren Heimatländern fern. Denn Krieg und Verfolgung sind Fremdworte im Deutschland von heute, sind etwas, das die meisten von uns nicht aus eigener Erfahrung kennen. Aber jetzt kommen sie zu uns in Gestalt von Menschen, die Tod und Leid, oder auch nur der Hoffnungslosigkeit entrinnen wollen.
In Ditzingen lebt derzeit eine noch überschaubare Anzahl der Zuflucht Suchenden.

Doch haben die Bürgerversammlungen der letzten Wochen deutlich gezeigt, wie sehr ihr Kommen die Menschen hier bewegt. Ängste und Sorgen angesichts des Fremden sind nachvollziehbar. Wir sind überzeugt, dass sie sich zum großen Teil nicht bestätigen werden, und freuen uns über die Bereitschaft vieler Ditzinger, sich für die Flüchtlinge einzusetzen. Ihr Engagement professionell zu begleiten, wird eine wichtige Aufgabe der nahen Zukunft sein. Deshalb begrüßen wir ausdrücklich die Stellenerhöhung im Bereich des bürgerschaftlichen Engagements und die zusätzliche Schaffung einer Sozialarbeiterstelle.

500 Flüchtlinge sind uns für das Jahr 2017 angekündigt. Nachdem der Landkreis die Dauer der Asylverfahren abkürzen will, müssen wir jedoch schon im kommenden Jahr mit der Ankunft einer größeren Zahl von Menschen rechnen. Deshalb gilt es, die Anstrengungen zur Fertigstellung geeigneter Unterkünfte weiter zu forcieren. Ob die dafür im Haushalt eingeplanten 5 Mio. Euro ausreichen, bleibt abzuwarten. Und auch, wie die dringend gebotene Unterstützung der Kommunen durch Bund und Land aussehen wird.

Darüber hinaus dürfen wir die Versorgung der eigenen Bevölkerung nicht aus den Augen verlieren. Als meine Fraktion im März 2014 den Antrag auf die Erstellung eines wohnungsbaupolitischen Konzeptes stellte, zielten wir vor allem auf die Schaffung von bezahlbarem Wohnraum, der im Speckgürtel um die Landeshauptstadt so rar geworden ist. Wer keinen hochbezahlten Job bei einem der großen Arbeitgeber in der Region innehat oder auf familiäre Grundstücke zurückgreifen kann, muss den Traum von der eigenen Immobilie begraben oder diese an anderer Stelle suchen. Weil dasselbe für Mietwohnungen gilt, droht ein Teil unserer Bürger immer mehr ins Abseits zu geraten.

Ich werde bei der anschließenden Beratung unseres Antrags noch einmal näher auf dieses Thema eingehen und hoffe sehr auf die Unterstützung der anderen Fraktionen, damit wir die Schaffung von Wohnraum für Menschen mit geringerem Einkommen voranbringen können. Denn für diesen Zweck ist im Haushalt 2016 kein Betrag eingestellt.

Zur Finanzierung anderer wichtiger Projekte werden wir im nächsten Jahr in ungewohnter Höhe Kredite aufnehmen.

An erster Stelle stehen hierbei Neubau und Sanierung der Theodor-Heuglin-Schule und ihrer Turnhalle. Die dafür notwendige Summe von 20 Mio. Euro veranlasste die Fraktionen, unsere Entscheidung in einer Klausursitzung im April dieses Jahres noch einmal auf den Prüfstand stellen. Deren Ergebnis schlägt sich nun im Haushalt 2016 nieder, wo mit einer Summe von über 1 Mio. Euro der erste Schritt zur Umsetzung der ursprünglichen Planung erfolgt. Alle anderen Varianten der Schulentwicklung erwiesen sich bei genauer Betrachtung als ebenso kostspielig und waren zudem mit großen Unsicherheiten behaftet.
Zugleich wurden im April die künftigen Schulstandorte festgelegt, sodass für die Betroffenen endlich Planungssicherheit besteht. Die beiden Grundschulen der Kernstadt werden nach dem Bezug der neuen Schulgebäude in Hirschlanden und dem danach folgenden Umbau der Konrad-Kocher-Schule an diesem Standort zusammengeführt. Realschule und Gymnasium verbleiben im Schulzentrum Glemsaue.

Leider schlagen sich Investitionen in solcher Höhe im Haushalt in doppelter Weise belastend nieder. Zum einen machen sie Kreditaufnahmen notwendig - wenn man nicht über Rücklagen wie unsere Nachbarkommune Weissach oder gar die Stadt Walldorf verfügt, deren Sparschwein mit 380 Mio. Euro mehr als gut gefüllt ist. Wie schnell sich dieses Sparschwein allerdings leeren kann, zeigt das Beispiel Weissach ebenso deutlich. Der Wegfall des bisherigen Hauptgewerbesteuerzahlers reißt dort ein gewaltiges Loch in die Kasse - sollte Ditzingen ein ähnliches Schicksal ereilen, wäre die geplante Rücklage von etwas mehr als 2 Mio. Euro angesichts der Ausgaben viel zu gering - auch wenn sie den gesetzlichen Vorgaben voll entspricht. Zudem hat jede größere Investition erhebliche Abschreibungen zur Folge, die im Haushalt gegenfinanziert werden müssen. Unserem Kämmerer und seinem Team wird die Arbeit in den nächsten Jahren also nicht ausgehen.

Trotzdem - und trotz der Sparmaßnahmen umliegender Kommunen hat sich der Ditzinger Gemeinderat in einer zweiten Klausur Anfang Oktober darauf verständigt, wichtige Projekte in unserer Stadt weiterzuführen.

Dazu gehört neben dem Schulneubau in Hirschlanden die Umsetzung des 2. Bauabschnitts am Ditzinger Bahnhof, wo die begonnenen Maßnahmen nicht auf halbem Weg beendet werden können.

Dazu gehört ebenso die Fortführung der Planung für die Südumfahrung von Heimerdingen. Diese für unseren höchstgelegenen Teilort so wichtige Maßnahme kann zwar nicht so rasch wie erhofft realisiert werden, nachdem das Land sie zwar in seine Planung aufgenommen, aber nicht mit höchster Priorität versehen hat. Durch die Fertigstellung der Planung und den Erwerb notwendiger Grundstücke wird dennoch ein weiterer Schritt zur Umsetzung getan.

Dazu gehört aber auch der dringend benötigte Ersatzbau für die abgebrannte Turnhalle in der Gartenstraße am neuen Standort Gröninger Straße.

Andere Entwicklungen hingegen mussten wir zurückstellen.

So kann die Ertüchtigung der Siemensstraße im städtischen Haushalt bis auf Weiteres nicht mehr abgebildet werden. Nachdem diese Straße schon lange keine Gemeindestraße mehr ist, sondern in erster Linie überörtlichen Verkehr aufnimmt, sehen wir bei dieser Maßnahme das Land in der Pflicht.
Ebenso werden wir vorerst auf bisher geplante Maßnahmen im Sanierungsgebiet Stadtmitte wie die Realisierung der Glemsterrassen und die Umgestaltung von Hirschlander-, Markt- und Autenstraße verzichten.

Zurückstellen - wenn auch aus anderen Gründen - müssen wir zudem die Vermarktung von im Gewerbegebiet-Süd erworbenen Grundstücken, weil diese für die Erstellung von Flüchtlingsunterkünften benötigt werden.

Abseits dieser großen Projekte verbleiben die vielen kleinen, die für das Leben in unserer Kommune Bedeutung haben. Der Ausbau der Kinderbetreuung ist noch lange nicht zu Ende. Noch immer können wir nicht genügend Plätze für die Kleinsten zur Verfügung stellen, weil qualifiziertes Personal fehlt. Trotz verstärkter Anstrengungen im Ausbildungsbereich bleibt der Markt für ErzieherInnen angespannt und die Konkurrenz der Kommunen entsprechend groß. Deshalb begrüßen wir jede Maßnahme der Verwaltung, die geeignet ist, dieses Problem zu lösen.

Positiv entwickelt hingegen hat sich die Kostendeckung dank der 2015 beschlossenen Erhöhung der Betreuungsgebühren. Auch wenn der den Kommunen empfohlene Deckungsgrad in Ditzingen noch in weiter Ferne steht, konnte das Defizit für 2016 um eine halbe Mio. auf  7 Mio. Euro gesenkt werden.

Die SPD-Fraktion hat diese Erhöhung unter der Bedingung mitgetragen, dass dadurch keine sozialen Härten entstehen. Sollte sich dies nicht bestätigen, werden wir auf ihre Beseitigung drängen.

Auch die Einführung der Ganztagesgrundschule und die damit zusammenhängende Übernahme der Personalkosten durch das Land hatte positive Folgen für den städtischen Haushalt. Leider wird dieser Effekt derzeit durch die notwendigen Investitionen in Räume aufgewogen, sodass sich das Defizit im Jahr 2016 sogar vergrößert. Für die folgenden Jahre rechnen wir jedoch mit einer Entlastung des Haushaltes.

Ein weiteres kleines, aber feines Projekt ist die Fortführung der barrierefreien Umgestaltung des öffentlichen Raumes. Hier kann mit wenig finanziellem Einsatz viel erreicht werden. Da sich Barrierefreiheit nicht allein auf Mobilität bezieht, hat die SPD-Fraktion mit Unterstützung von Bündnis90/Die Grünen beantragt, die Einführung der sogenannten „Leichten Sprache“ zu prüfen. Dank einfacher und kurzer Sätze macht sie Informationen auch für Personen mit eingeschränkter Lesefähigkeit zugänglich und ermöglicht ihnen die bessere Teilhabe am öffentlichen Leben.... Eine Haushaltsrede in der „Leichten Sprache“ zu formulieren, wäre möglicherweise eine künftige Herausforderung für uns Räte.

Wie jedes Jahr möchte ich am Ende meiner Ausführungen den Stellenwert unserer Tochter SO.DI für unser Gemeinwesen hervorheben. Von der klassischen Sozialstation hat sie sich zum breit aufgestellten Dienstleister entwickelt und ist in dieser Entwicklung noch lange nicht am Ende. Einziger Schwachpunkt bleibt die mangelnde Kostendeckung. Aber auch hier sind Geschäftsleitung und Mitarbeiter sehr bemüht, sodass wir auf eine Senkung des künftigen Zuschussbetrags hoffen können.

Wir wollen die Zukunft unserer Stadt gestalten.
Deshalb stimmt die SPD-Fraktion - trotz geplanter Schulden - dem Haushaltsplan 2016,  der Finanz- und Investitionsplanung für die Jahre 2017-2021, und den Wirtschaftsplänen der Eigenbetriebe zu.
Wir bedanken uns bei Herrn Maier und Herrn Hermann für die übersichtliche und gut dokumentierte Ausarbeitung des Haushaltsplanentwurfs und bei Herrn Oberbürgermeister Makurath und Herrn Bürgermeister Bahmer, sowie allen Mitarbeitern der Stadtverwaltung für die gute Zusammenarbeit. Nicht vergessen möchte ich an dieser Stelle die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Kindertageseinrichtungen und bei der SO.Di, deren Arbeit für unser Gemeinwesen so ungemein wichtig ist.
Außerdem bedanke ich mich bei den Kolleginnen und Kollegen des Gemeinderates für das konstruktive Miteinander im letzten Jahr. Parteiengezänk oder Machtspiele hatten in diesem Gremium keinen Platz. ...Und das ist gut so.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

Sabine Roth, SPD-Fraktionsvorsitzende

 

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